Montag, 12. Oktober 2009

Ordination und Hund mit nervösem Magen

Da wollte ich mich gerade hinsetzen, um meinen Blog auf den neuesten Stand zu bringen, als unser Familienmitglied mit den vier Pfoten ihren gesamten Mageninhalt vor meinen Füßen entleerte. Aber jetzt ist alles weggeputzt, und ich kann loslegen. Vermutlich ist der guten Jessie die lange Autofahrt von Indiana nicht so gut bekommen.

Wir haben nämlich einen deutschen Freund und Kollegen zu seiner Ordination besucht. Auf diese Weise bekam ich auch mein Patenkind mal wieder zu sehen.
Mit besagtem Freund habe ich damals zusammen in Deutschland Vikariat gemacht. Auch ihn hatte die Finanzkrise der Nordelbischen Landeskirche getroffen, und er war, genauso wie ich, nicht ins Pfarramt übernommen worden. Er kam mit seiner Familie vor zwei Jahren in die USA, um hier als Pastor arbeiten zu können. Wie ich musste er erst eine Orientierungszeit hinter sich bringen, bis er endlich ordiniert werden konnte.

Hansen, Jessie und ich (unser Pelle war natürlich auch dabei), haben uns gestern gleich nach dem Gottesdienst auf den Weg nach Indiana gemacht. Eigentlich wäre ich gerne noch nach dem Gottesdienst ein wenig in der Kirche geblieben. Es war ein toller Gottesdienst und alle waren sehr guter Stimmung. Ich genieße es immer, mit den Leuten noch Kaffee zu trinken, und mich ueber Gott und die Welt mit ihnen auszutauschen. Wir mussten aber, wie gesagt, gleich los, da wir dreieinhalb Stunden Fahrzeit vor uns hatten, und ja auch noch irgendwo auf dem Weg Nahrungsaufnahme betreiben mussten.

Der Hinweg gestern war richtig klasse: Sonnenschein und bunte Bäume! Ansonsten haben Ohio und Indiana landschaftlich nicht so viel zu bieten. Es ist alles flach, und überall sieht man braune Maisfelder, soweit das Auge reicht. Die Bäume zeigen sich jetzt während des Indian Summers allerdings in ihrer ganzen Pracht.

Der Ordinationsgottesdienst fand in einer schnuckelig kleinen Kirche im ländlichen Bryant statt, das zu großen Teilen von den Amish bewohnt wird. Ordinationen hier in der ELCA finde ich sowieso klasse, weil die Pastoren in ihrer eignenen Gemeinde ordiniert werden, und es nicht eine Massenordination wie in Deutschland ist. Wenn die eigene Gemeinde dabei ist, macht es das Ganze viel persönlicher. So auch gestern bei unserem Freund. Es waren Familie, Freunde, Kollegen, Gemeindeglieder und natürlich der Bischof da, um das Ereignis gebührend zu feiern.

Ich habe natürlich viel an meine eigene Ordination denken muessen, die ganz ähnlich ablief. Der Gottesdienstablauf war etwas anders, da sich die zu ordinierenden Pastoren ihren Gottesdienst selbst zusammenstellen. Bei mir war es dann etwas moderner mit Band und peppigen Liedern, aber ansonsten war der Unterschied nicht so groß. Gestern war es eben etwas traditioneller.
Ich erinnere mich, wie aufgeregt ich vor dem Gottesdienst war, und dass mein Bischof meinte, ich solle mir keine Gedanken machen. Wenn ich vor Nervosität ohnmächtig werden würde, dann würde er mich auf eine Kirchenbank setzen, mir Wasser über den Kopf gießen, und einfach weitermachen. Er sagte: "Wir kriegen dich schon ordiniert - solange du nur alle Fragen, die ich dir stelle, mit "Ja" beantwortest. Sonst haben wir ein Problem."
Ich weiß noch, dass ich das damals gar nicht komisch fand. Heute kann ich natürlich auch darüber lachen.
Es war schön, dass meine Eltern zu diesem Ereignis extra aus Deutschland kommen konnten, und dass ich so viele Menschen dabei hatte, die mir in meinem ersten Jahr hier in Amerika sehr ans Herz gewachsen sind.
Das war der Ausgleich für sehr schmerzhafte Erfahrungen in Deutschland, wo ich nur schwer die Ordnination meiner ehemaligen Mitvikare und Mitvikarinnen überstanden habe. Ich habe während des Gottesdienstes immer wieder gedacht: Eigentlich hätte ich jetzt auch da vorne stehen sollen. Im Gegensatz zu den meisten anderen gab es für mich, trotz Eignung fürs Pfarramt, keine Pfarrstelle - also auch keine Ordination. Den Rest hat mir eine Mitvikarin mit einer ziemlich unsensiblen Bemerkung gegeben. Ich war als Ordinatonszeugin für eine Freundin mit dabei, und durfte wenigstens meinen Talar tragen. Auf meine Feststellung hin, dass mein Beffchen verknittert sei, sagte sie: "Du wirst ja heute auch nicht ordiniert!" Ich hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

Aber genug von den alten Geschichten. Das alles liegt schließlich lange zurück, und viele Wunden sind verheilt. Die Narben zwicken zwar manchmal noch, aber mehr auch nicht.

Wir hatten gestern einen gemütlichen Abend mit unseren Freunden, haben heute morgen noch amishen Käse eingekauft, und uns dann wieder auf den Nachhauseweg gemacht.

Da das Wetter mal wieder kalt und trübe ist, werden wir den Rest des Tages faul auf dem Sofa bei einer Kanne Tee zubringen und hoffen, dass sich der nervöse Magen unserer kleinen bepelzten Freundin wieder beruhigt .

So, und hier noch Ordinationsbilder. (Da ich von gestern noch keine zugeschickt bekommen habe, müssen es fürs erste die von meiner eigenen Ordination tun.)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen