Sonntag, 14. Februar 2010

Passionsgedanken

Aschermittwoch ist nicht mehr fern, und damit steht auch der Beginn der Passionszeit vor der Tür. Für mich heißt das auch in diesem Jahr wieder: bis Ostern kein Alkohol - wenn ich es denn durchhalte. Die letzten zwei Jahre habe ich dieses selbst gesteckte Ziel erreichen können, aber leicht gefallen ist es mir nicht. Da waren diese Abende, an denen Hansen und ich gemütlich vor dem Kamin saßen, und ich doch sooooo gerne ein Glas Rotwein getrunken hätte. Ich habe in diesen Wochen so manchen fiesen Kampf mit meinem inneren Schweinehund ausfechten müssen. Aber als dann endlich Ostern war und ich es mal wieder geschafft hatte, das war schon ein großartiges Gefühl! Ich dachte: Wenn ich das schaffe kann, dann kann ich ALLES schaffen. Ja, nach so einer Durststrecke (im wahrsten Sinne des Wortes) konnte ich nicht verhindern, dass ein paar Allmachtsfantasien aufkamen.

Wenn früher Leute, die ich kannte, "7 Wochen ohne" auf sich genommen hatten, konnte ich damit nicht viel anfangen. Ich dachte nur: ich kann auch überzeugte Christin sein, ohne mir sieben Wochen lang das Leben schwer zu machen. Ich kann auch ohne persönlichen Verzicht die Leidenszeit Jesu in Erinnerung behalten. Vor zwei Jahren hatte ich dann das Gefühl, es doch einfach mal ausprobieren zu müssen. Mein Pastorenkollege hatte im Jahr davor in der Passionszeit auf Alkohol verzichtet, und das hatte mich beindruckt. Am Anfang war es wirklich nur eine persönliche Herausforderung. Später dann hat es mich zum Nachdenken gebracht. Es ist für mich inzwischen ein Mittel geworden, mit dem ich Gott gegenüber meine Dankbarkeit ausdrücken kann für das, was sie alles für mich tut - und das ist viel. Besonders denke ich da an die lieben Menschen, die sie mir in meinem Leben an die Seite gestellt hat. Ohne Gott wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin: immer noch mit vielen Fehlern, aber um einiges besser davor als früher.

Es rückt auch ein bisschen meine Perspektive zurecht, wenn es um Verzicht und Opfer geht. Der Unterschied ist allerdings, dass ich nicht verzichten muss, sondern es freiwillig mache. Für die Frau, die mich vor einer halben Stunde anrief ist dagegen schon seit Monaten unfreiwillige Passionszeit. Sie hat nicht genug Geld, um Lebensmittel einkaufen zu können, und war dankbar, dass ich sie an die Suppenküche der Blessed Hope Mission verweisen konnte. Für den Mann, über den ich heute Morgen in der Sonntagszeitung gelesen habe, dauert die Passionszeit auch schon eine ganze Weile und wird ihm noch größere Opfer abverlangen. Er war von der Polizei verhaftet worden, weil er in einem hiesigen Supermark Lebensmittel gestohlen hatte, um sein kleines Enkelkind und seine gebrechliche Mutter versorgen zu können. Sogar für meine Mama fing die Passionszeit früher an, als geplant: ein angebrochener Knöchel, macht ihr zur Zeit das Leben ziemlich schwer. Ich bin nur froh, dass bei ihrem Sturz neulich nicht mehr passiert ist. Das ist das, wovor ich im Moment immer Angst habe, weil ich ja nicht nach Deutschland fliegen kann aufgrund des noch schwebenden Visumsverfahrens.

Jedenfalls hoffe ich nur, und bete, dass für sie alle die Leidenszeit nicht erst an Ostern vorbei ist.

Manchmal frage ich mich, wie es aussehen würde, wenn immer noch in Deutschland und Mitglied in der Karnevalsgesellschaft wäre. Wir haben die närrische Zeit immer mit einer fröhlichen Abservierung unseres Prinzenpaares beendet - am Aschermittwoch mit dem traditionellen Heringsessen. Wenn ich mir das vorstelle: Aschermittwoch ohne Sekt? Nie im Leben! Fisch muss ja schwimmen!
Tja und dieses Jahr, wenn bei der KG Blau-Weiß Plön mal wieder die Post abgeht, bereite ich mich auf unseren Aschermittwochsgottesdienst vor und gehe sicher, dass auch genug Asche da ist, mit der ich dann meinen "Schäfchen" Kreuze auf die Stirn malen kann. So ändern sich die Zeiten.

Aber bevor es Hering gibt (und Sekt), wird da drüben in Deutschland erstmal Karneval gefeiert, und hier ist ja auch noch nicht Aschermittwoch. Also: ein Bierchen heute Abend ist schon noch drin. Prost und Plön Ahoi!

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