Ja, diese nette Geschichte von unserem Adventskaffee bei Kerzenschein hatte ein Nachspiel. Und dieses Nachspiel ist nicht so romantisch-adventlich.
Heute morgen war der junge Mann wieder da, dem wir am Dienstag ausgeholfen hatten. Nach seiner Aussage war er zu Hause ausgezogen, weil seine Frau ihn betrogen hatte. Ganz ehrlich: ich glaube nicht, daß die Geschichte stimmt. Jedenfalls wußte er nicht, wo er bleiben sollte und hatte gehofft, ich könnte ihm Geld für ein Hotelzimmer geben. Alles was drin war, waren 10 Dollar. Mehr war nicht in meinem Notfall -Budget. Wir haben noch eine Weile geredet, und dann setze er sich in den Vorraum, weil er nicht wußte, wo er sonst hin sollte. Ich hatte vorher schon bei Christnet angerufen, um herauszufinden, welche Kirchengemeinde in der Nähe heute nacht Obdachlose aufnimmt. Resultat: alle Betten belegt.
Um es kuz zu machen: sein Besuch endete damit, daß er Jackentaschen im Flur durchstöberte, auf der Suche nach Geld oder anderen Wertgegenständen. Er wurde von einem Gemeindeglied erwischt und ich war natürlich maßlos entäuscht.
Er hat noch nichtmal versucht, es abzustreiten. Sagte nur: "Was soll ich denn machen? Ich muß doch irgendwie das Geld fürs Hotel auftreiben." Ich sagte ihm, daß stehlen keine Lösung sei, und daß er unser Vertrauen mißbraucht hätte. Und dann ging er.
Natürlich habe ich mir dann die Frage gestellt: haben wir doch nicht den Heiland in unserer Mitte willkommen geheißen, sondern stattdessen einen Dieb?
Wie selbstgerecht ich doch manchmal bin ...
Hätte ich in seiner Situation anders gehandelt? Vermutlich nicht. Wer verzeifelt genug ist, greift zu drastischen Mitteln.
Und ja, nach vielem Nachdenken heute bin ich zu dem Schluß gekommen, daß wir tatsächlich den Heiland aufgenommen haben. Jesus hat schließlich gesagt: Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan. Ich habe es heute allerdings gründlich vermasselt. Mein Motto war: Hilfe wird nur dann geleistet, wenn der Geringste sich auch anständig benimmt.
Jedenfalls habe ich daraus gelernt, daß das Willkommenheißen des Heilands nicht immer romantisch zugeht, so passend zum Advent. Nein manchmal ist es sehr schwer und häßlich und un-adventlich. Aber es ist, was es ist.
Oh ja, solche Erfahrungen sind ärgerlich und enttäuschend. Ich hatte auch mal einen Fall, als ein Landstreicher nicht "genug" kriegen konnte.
AntwortenLöschenMan fühlt sich an ausgenützt. Und das schlimmste ist das belogen werden.
Klingt vielleicht platt, aber mehr fällt mir auch nicht ein: befiehl ihn Gott an. Gott wird schon wissen was er braucht.
Schon erledigt (das mit dem "Gott anbefehlen"):-)
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