Nun ist Hansen schon fast zwei Wochen in Deutschland, und ich versuche hier mein Leben als Single auf die Reihe zu kriegen.
Die ersten paar Tage waren ziemlich heftig: Ich fühlte mich wie eine Drogenabhängige auf Entzug. Inzwischen ist es allerdings nicht mehr so schlimm. Es ist wie mit einer Verletzung: wenn die Wunde frisch ist, tut sie höllisch weh, aber dann weicht der Schmerz einem dumpfen Pochen im Hintergrund. Ich breche nicht mehr ständig in Tränen aus, aber ab und zu, in ruhigen Momenten, wenn ich zum Nachdenken komme, dann habe ich wieder diesen Klumpen in der Magengegend.
Meine Freunde und Gemeindeglieder hier sind sehr bemüht, mich abzulenken und sicher zu gehen, dass mir nicht die Decke auf den Kopf fällt: Von meiner Nachbarin wurde ich letzte Woche zu einer Teestunde mit ihren Freundinnen eingeladen, Freunde haben sich erbarmt, und mit mir ein Fussballweltmeisterschaftsspiel geguckt (obwohl zur selben Zeit ein Baseballspiel der Detroit Tigers lief!), und die Tochter meines Kirchenvorstandsvorsitzenden (gerade dem Grundschulalter entschlüpft) lud mich zu einem Abend in der Kneipe mit ihrer Familie ein (der allerdings nicht sehr lange dauerte, da hier für alle unter 21 Jahren um neun Uhr Zapfenstreich ist). Gestern wurde ich dann zum Chinesen ausgeführt und verbrachte anschliessend einen netten Abend mit Freunden bei englischem "Pimm's", Tee und Plätzchen.
Ansonsten gehe ich viel mit meinem Hund spazieren, und kann es inzwischen tatsächlich geniessen, mehr Zeit für mich zu haben.
Die Arbeit lenkt mich natürlich auch ab. So war ich die ganze letzte Woche ziemlich beschäftigt, da ein "Outdoor" Gottesdienst für morgen vorzubereiten war, der auf der Wiese vor der Kirche stattfinden wird. Die Kinderbibelwoche rückt auch immer näher, und dann gibt es noch viel zu tun, da wir im Herbst endlich ein regelmässiges Jugendprogramm anbieten wollen (was in meiner Gemeinde in den letzten Jahren nicht stattgefunden hat), und Sonntags soll es ab Herbst auch einen zweiten Gottesdienst geben. Dann haben wir es um 9 Uhr traditionell und um 10:30 Uhr etwas moderner. Dafür muss natürlich noch eine Menge vorbereitet und organisiert werden, da wir ja alles mal zwei brauchen: Gottesdienstablauf, Lieder, Organistin / Musiker, Laienmitwirkende, Soundtech, Leute, die für unser leibliches Wohl sorgen, und einiges mehr. Und nein: die Predigt gibt es nicht mal zwei. Ich werde doch nicht jede Woche zwei Predigten schreiben! Ausserdem wird es höchst selten vorkommen, dass jemand beide Gottesdienste am Sonntagmorgen besucht.
Ach ja, und dann werde ich diesen Sommer noch irgendwann mit unseren Jugendlichen zum Musikfestival ins Camp fahren. Da freu ich mich schon drauf. Was unsere Landeskirche hier für Kinder und Jugendliche anbietet ist wirklich klasse. Wen's interessiert, hier ist die Information zu dem Musikfestival. Der Campdirektor hat es sogar geschaft, unseren allerobersten Bischof der ELCA breitzuschlagen, als Redner dabei zu sein. Nun mag man denken, dass die Jugendlichen so einen ehrwürdigen ergrauten Bischof ziemlich langweilig finden werden. Ist aber nicht so! Ich habe Bischof Mark Hanson schon mehrfach getroffen, habe Reden und Predigten von ihm gehört und finde ihn einfach klasse. Und da bin ich nicht die einzige: unsere Jugendlichen finden ihn auch toll!
Und da wir gerade dabei sind: hier sind noch mehr Sachen, die unsere beiden "Campingplätze" in Michigan anzubieten haben. (Ich habe die Campingplätze in Gänsefüßchen gesetzt, weil unsere Camps so viel mehr sind als nur Orte, wo man sein Zelt aufschlagen kann.)
Wie du siehst, lieber Leser, bin ich ziemlich beschäftigt, und die Momente, wo mir tatsächlich aufgrund von Einsamkeitsanfällen etwas flau im Magen wird, sind eher selten.
So, und nun muss ich noch etwas Nahrungsaufnahme betreiben, bevor Freunde auftauchen, um mir meinen Uralt-Deckenventilator durch einen neuen, besser funktionierenden, zu ersetzen. Den brauche ich auch, wenn ich eine Chance haben will, die Temperatur nachts in meinem Schlafzimmer auf unter 30 Grad Celsius zu senken.
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